Geweckt werden wir
gleich mehrfach: Mal von zankenden Katzen im Hof, mal von rennenden Kindern
oder rufenden Leuten in der Gasse vorm Riad, mal von durch schreckliche Megaphone
verstärkten Gebetsschreiern (die Arden verwirrt als Kuh
identifiziert – sehr verständlich), mal von zeternden oder singenden Vögeln und
dann – zuletzt – vom Wecker. Um 9. Denken wir.
Eigentlich ist es erst 8, Ardens
Handy ist noch nicht umgestellt. Im Zimmer ist es stockduster, weil sämtliche
Türen und Fenster mit geschnitzten Holztüren verschlossen werden (und das
Zimmer ansonsten zum Hof offensteht, es gibt also keine andere Möglichkeit für ein
bisschen Privatsphäre). Es herrscht kaltfeucht-modrige Luft und wir liegen unter
einem Laken und zwei müffigen Wolldecken begraben; stellenweise steigt von den
Dingern ein Geruch auf, zu dem meine erste Assoziation „Zoostall“ lautet –
wenigstens ist es nicht „Raubtierkäfig“.
Aus dem Bett in die Flip-Flops gehüpft
und in Rekordzeit angezogen.
Von unserem Hotelier (und somit Frühstück) fehlt leider jede Spur. Wir packen also etwas frustriert, wenn auch nicht sehr überrascht, unser Zeug
für den ersten Tag Stadtbesichtigung zusammen. Gerade als wir die Haustür
schließen wollen, kommt er mit zwei Plastiktüten die Gasse runter: „You don’t want
breakfast?“
„Yes!“, sage ich, „We thought you were gone!“
„Yes!“, sage ich, „We thought you were gone!“
Innenhof des Riads |
Unser Frühstück besteht aus Baguette, einem winzigen Vanille-Joghurt, Eiern, Aprikosenmarmelade, Butter (von „La vache qui rit“, über deren Namen und Logo sich Arden noch den ganzen Tag amüsiert), Kaffee (leider kein marrokanischer Pfefferminztee), trockenen Hirse…platten? –plätzchen? Und Crepes-ähnlichen Pfannkuchen, die in Stücke gerissen wurden.
Nach dem Frühstück erkundigen wir uns nach WiFi (sollte heute Abend wieder eingerichtet sein, heißt es) und machen noch ein paar Fotos, bevor wir in die Medina aufbrechen.
Unser Hostel
befindet sich ganz in der Nähe von (oder sogar schon im?) Gerber- und Färberdistrikt,
weshalb die Färbereien unser erster Halt werden sollen. Nach einem
Bergabwärtsmarsch durch Gässchen landen wir auf einer etwas breiteren Straße,
auf der an der ganzen gegenüberliegenden Straßenseite großflächig gebaut wird;
wir sind erstmal etwas aufgeschmissen. Das ist natürlich für die ganzen
berüchtigten Touri-Geier Marokkos ersichtlich und ganz schnell steht einer da und fragt uns, ob wir die Tanneries suchen und wo wir denn her
seien. Deutschland, schön, es wäre gerade eine deutsche Reisegruppe auf dem
Dach – er führt uns also ohne weitere Zeit für Fragen auf ein Dach und wir
schauen auf das bekannte Bild der Färberbottiche hinab. Als „moroccan gasmask“
haben wir jeder einen Zweig Minze bekommen, um den Geruch ein wenig abzuwehren.
Wir erfahren, dass Felle in Taubenmist gegerbt werden, um giftige Chemikalien
zu vermeiden, und anschließend in Naturfarben eingefärbt werden: Indigo für
Blau, Saffran für Gelb, Minze für Grün, und so weiter. Danach werden wir
natürlich zurück ins Haus und durch mehrere Etagen Lederladen geführt: Schuhe,
Jacken, Taschen, Gürtel, was man eben so aus dem machen kann, was hier produziert
wird – alles fraglos sehr beeindruckend, nur leider/zum Glück haben wir kaum
Geld mitgenommen.
Unser zuvorkommende Fremdenführer will seltsamerweise immer
noch kein Geld und bietet uns dann an, uns weiterzuführen, zu einem
Gewürzladen. Nach einem Marsch durch Gässchen landen wir in einer Apotheke, wo wir diverse Gewürze, Gerüche, Seifen,
blabla erklärt bekommen, worauf natürlich ein Kauf erwartet wird, den wir aber
leider nicht vorhatten. Darauf werden wir dezent rausgeschmissen,
was uns eigentlich ganz recht ist – wir wissen den Weg durch die Gassen noch,
kommen dann aber bei zwei älteren Herren raus, die uns freundlich sagen, die
Hintertür wäre jetzt geschlossen, wir müssen außenrum. Mh. Naja.
Wir verlaufen uns ein wenig in den Souks und wissen nicht so recht wohin, weil wir keinen Ansatzpunkt auf der Karte haben, allerdings sind Leute, die nicht darauf lungern, einen gegen Taschengeld irgendwo hin zu führen, extrem freundlich und hilfsbereit und so erfragen wir uns den Weg zu einem Wegpunkt, den wir kennen und kriegen am Ende sogar eine Dachterasse gezeigt, von der aus wir die gesamte Medina überblicken können. „Nono, money isn’t everything“, sagt er auf mein Angebot, was allerdings auch daran liegen könnte, dass ich ihm, wie ich später erfahre, eine 20 centimes Münze anbiete (ein Fund aus dem ersten Taxi), was also etwa 2 Eurocent entspricht. Ups. Während des Aufstiegs zur Terrasse fragen wir uns, ob es wirklich so eine gute Idee ist, fremden Typen einfach mal auf Verdacht dunkle Treppen hochzufolgen und beschließen, das trotz des schönen Ergebnisses nicht mehr zu tun.
Wir verlaufen uns ein wenig in den Souks und wissen nicht so recht wohin, weil wir keinen Ansatzpunkt auf der Karte haben, allerdings sind Leute, die nicht darauf lungern, einen gegen Taschengeld irgendwo hin zu führen, extrem freundlich und hilfsbereit und so erfragen wir uns den Weg zu einem Wegpunkt, den wir kennen und kriegen am Ende sogar eine Dachterasse gezeigt, von der aus wir die gesamte Medina überblicken können. „Nono, money isn’t everything“, sagt er auf mein Angebot, was allerdings auch daran liegen könnte, dass ich ihm, wie ich später erfahre, eine 20 centimes Münze anbiete (ein Fund aus dem ersten Taxi), was also etwa 2 Eurocent entspricht. Ups. Während des Aufstiegs zur Terrasse fragen wir uns, ob es wirklich so eine gute Idee ist, fremden Typen einfach mal auf Verdacht dunkle Treppen hochzufolgen und beschließen, das trotz des schönen Ergebnisses nicht mehr zu tun.
Danach laufen wir den (die? das?) Souk El Attarine hoch – ein arabischer Markt, wie man ihn sich vorstellt: eng, voll, laut, bunt und voller Eindrücke, aber für Touristen etwas „extra“ anstrengend. Einmal lassen wir uns doch von einem Händler in seine Ladennische locken – „I’m not an aggressive person, come look“ – der uns Souvenire aufquatschen will; als er jedoch nach einer ärmlichen Überleitung Mitleid mit seinen angeblichen 3 Kindern erregen will („You’re young, you don’t have children yet, BUT…!“), schwindet jedes bisschen Überlegen. Weiter geht’s.
Wir kommen zu einer schönen Moschee, bei der man den Innenhof betreten darf, dann kommen wir zum Blauen Tor, dem eigentlichen Eingang zur Medina – daher lungern hier auch lauter Fremdenführer rum, die „offiziell vom touristischen Amt sind“ – aber wir haben ja das meiste schon gesehen. Schade! :P
Wir suchen dann noch etwas nach einem Museum, aber als wir den Eingang finden, müssen wir feststellen, dass wir am einzigen Tag der Woche gekommen sind, an dem es geschlossen hat. Meh. Nachdem wir dann nach ein wenig unenthusiastischem Suchen nicht den Eingang zu einem botanischen Garten/Park finden, beschließen wir, uns was zu essen zu suchen und nehmen eine der Touristenbequatscher nahe des Blauen Tors; da kriegt man ungelogen jeden Meter eine andere Speisekarte unter die Nase gehalten.
Auf dem Rückweg zum Hotel werden wir einmal als Rassissten beschmipft, weil wir ein aufdringliches "Hilfsangebot" komplett ignorieren. Wir schaffen es ziemlich weit, solange wir uns auf unsere Karte verlassen können, aber letztendlich scheitern wir erneut an dem Versuch, die namenlose große Straße vom Anfang wiederzufinden und müssen nach einer Richtung fragen. Ich weise einen eindeutigen faux guide mehrfach freundlich-energisch ab – mit ein bisschen Orientierungssinn werden wirs mit Sicherheit selbst finden. Als wir an der nächsten Gassengabel kurz zögern, steht er „plötzlich“ wieder hinter uns und läuft dann einfach vor uns her, während er relativ unmotiviert Small Talk führt. Na super. Ist ja klar, wo das endet.
Es bleibt auch bei meiner Vermutung, mit einer kleinen Rückfrage an ein, zwei hilfsbereite Einheimische hätten wir unseren Weg schon gefunden, der junge Mann hat sich also eindeutig keine Bezahlung verdient. Nachdem ich ihm zum gefühlt zehnten Mal mitteile, dass wir wirklich bereits die Gerber gesehen haben und woanders hinwollen, schließt er richtig, dass wir im Riad Razane wohnen und will uns stattdessen dorthin führen. Nein, nicht nötig, wir wissen seit etwa 100 Metern, wo wir lang müssen, nein, danke, nein wirklich nicht – nein, wir möchten dich nicht bezahlen (Arden drückt ihm zur Befriedung 5 DH von gewünschten 25 in die Hand), du weißt selbst, dass wir deine Hilfe nicht wollten, ja wir sind selber Studenten. Als er mich dann „Sweetie“ nennt, hab ich die Schnauze voll und wir laufen die Gasse hoch, worauf er sich ärgert und dann lauthals irgendwen anderes herbeiruft. Achmed, der Gerufene, kommt sauer um die Ecke und brüllt uns hinterher „No! That way is closed!“
Jaja. Ist klar. In Fes ist scheinbar alles geschlossen.
Etwas verstört kommen wir im Hotel an und ärgern uns den restlichen Abend über den Zwischenfall, sowie über das scheißkalte Zimmer und unseren wieder abwesenden Gastwirt. Internet geht auch nicht wie versprochen. Da uns die Paranoia unruhig werden lässt (vielleicht ist der Typ uns ja gefolgt?), gehen wir zum Abendessen nicht raus und stillen den Hunger mit unserer zweiten Tüte Tortilla-Chips. Unser Wasser ist auch fast alle. Wenigstens haben wir uns von zuhause alle Fullmetal Alchemist Folgen mitgenommen, das lässt einen den Ärger eine Weile vergessen. Und morgen geht’s ja weiter. Hoffentlich sind zumindest einige unserer Ärgernisse hier Ausnahmefälle.
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